Tempelaufbau

Tempelaufbau

01. Thailändischer Wat

Einen Tempel bezeichnet man in Thailand (und anderen südostasiatischen Ländern) als Wat. Der Begriff ist der Pali- und Sanskrit-Sprache entliehen und bedeutet in etwa so viel wie „Schule”.

Dabei wird das Wort „Tempel“, wie wir es in Deutschland verwenden, einem Wat eigentlich nicht gerecht, da dieser unter anderem auch Funktionen einer Grundschule und die eines Altenheims übernimmt.

Bei einem Wat handelt es sich um ein Assemble verschiedener Gebäude, die ich dir im Nachhinein kurz erläutern will. Dabei hat nicht jeder Tempelkomplex alle diese Gebäude. Das ist abhängig von der Tempelklasse (siehe weiter unten), dem Alter des Tempels und den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung.

Ein Wat teilt sich in zwei grundlegende Bereiche: dem Phutthawat und dem Sanghawat.

02. Phutthawat (เขตพุทธาวาส)

Dies ist der Teil, in dem u. a. die religiösen Zeremonien stattfinden. Du kannst ihn dir wie ein Gemeinde- und Begegnungszentrum vorstellen. Phutthawat ist der sakrale d. h. der Buddha geweihte Bereich. Er besitzt folgende Gebäude.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Chedi
I. Chedi, Pagode, Stupa (พระเจดีย์)

Der Chedi ist eines der charakteristischsten Gebäude. Es handelt sich um einen glockenförmigen Turm, der nach oben spitz zuläuft. Andere Bezeichnungen sind Pagode oder auch Stupa. Manchmal ist der Chedi begehbar und in seinem Inneren findest du oft Darstellungen des Dharmachakra – ein Rad als Symbol für die von Buddha verkündete Lehre – oder sogar Buddha-Reliquien.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Ho Rakhang
II. Ho Rakhang (หอระฆัง)

Rakhang ist das thailändische Wort für Tempelglocke, womit eigentlich schon klar ist, worum es sich hier handelt. Der Ho Rakhang ist ein Glockenturm. Das Läuten der Glocken weckt die Bhikkhu (Mönche) und ruft sie zu den Zeremonien zusammen. Der Glockenturm ist nicht immer Teil des Putthawat, sondern kann sich auch im Sanghawat befinden.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Ho Trai (Mondop)
III. Ho Trai (หอไตร) und Mondop (พระมณฑป)

Der Ho Trai ist ein Bibliotheksgebäude, in dem heilige Schriftrollen aufbewahrt werden. Der Mondop ist eine spezielle Ausprägung des Ho Trai, die durch eine würfelförmige Bauweise charakterisiert wird. Ein Mondop kann auch Buddha-Reliquien, Urnen wichtiger Mönche oder auch größere Buddha-Figuren beherbergen. Du kannst das Bibliothekgebäude oftmals an den reichen Verzierungen erkennen. Teilweise ist es auch auf Stelzen oder gar über dem Wasser gebaut, um die Schriftrollen vor Ungeziefer oder Bodenfeuchtigkeit zu schützen.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Krematorium
IV. Krematorium (ฌาปนสถาน)

Nicht immer sofort ersichtlich, aber die meisten Tempel in Thailand besitzen ein Krematorium, wo Verstorbene nach einer mehrtägigen Trauerphase in einer Zeremonie verbrannt werden. Außerhalb solcher Verbrennungszeremonien ist das Betreten des Krematoriums nicht gestattet. Du kannst diese Gebäude an ihren hohen Schornsteinen erkennen.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Phra Rabiang
V. Phra Rabiang (พระระเบียง)

Hierbei handelt es sich um eine zum Innenhof offene Galerie, die meistens den Ubosot umringt. Charakteristisch sind die vielen Säulen, die das Dach stützen. Du findest entlang des Phra Rabiang beispielsweise eine Vielzahl aneinandergereihter Buddha-Figuren.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Prang
VI. Prang (พระปรางค์)

Ein Prang ist ein Turm im Khmer-Stil. Es handelt sich um eine spezielle Form des Chedi und ist in Thailand vorwiegend in alten Tempeln wie denen in Ayutthaya oder Sukhothai zu finden. Aber auch moderne Tempel beispielsweise in Bangkok oder Phitsanulok besitzen diese hohen schlanken Türme.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Sala
VII. Sala (ศาลา)

Dieses Gebäude findest du nicht nur im Wat. Du kannst sie auch oft am Straßenrand sehen. Es sind kleine Pavillons, die in der Regel nach allen Seiten offen sind. Es handelt sich um eine Art Rastplatz, können aber auch teilweise zur Übernachtung verwendet werden (Sala Asai). An Anlegestellen von Booten nennt man sie Sala Nam. Im Wat werden sie genutzt, um den buddhistischen Lehren zu lauschen.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Sala Kan Prian
VIII. Sala Kan Prian (ศาลาการเปรียญ)

Wie der Name schon andeutet, ist das eine Sonderform des Sala. Wie auch seine Pendants ist das Gebäude nach allen Seiten offen, jedoch wesentlich größer. Hier können Laien dem täglichen, religiösen Unterricht zuhören.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Ubosot
IX. Ubosot (โบสถ์ bzw. พระอุโบสถ)

Wird auch als „Bot” abgekürzt. Der Ubosot ist das zentrale Heiligtum im Wat. Es handelt sich um eine Gebetshalle und es ist das Gebäude, in dem Mönche ihre Zeremonien abhalten. Unter anderem müssen sie hier auch ihr Gelübde ablegen. Die Halle wird umringt von acht Grenzsteinen, den Bai Sema (ใบเสมา) – vier Steine an den Ecken und jeweils auf halben Weg dazwischen ein Weiterer. Es gibt keine genauen Vorschriften für die Größe des Ubosot. Es sollen nur mindestens 21 Mönche darin Platz finden. Der Ubosot ist eigentlich nur Mönchen zugänglich, was jedoch nicht überall der Fall ist (den Ubosot des Wat Na Prong in Uttaradit durfte ich betreten). Oftmals ist das Gebäude nach Osten ausgerichtet, weil Buddha in diese Richtung blickte, als er die Erleuchtung fand.

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Wihan
X. Wihan (พระวิหาร)

Ein Wihan ist eine große Versammlungshalle, in der Mönche und Gläubige zusammenkommen können. Sie ist also öffentlich zugänglich. Sie ähnelt von der Aufmachung her dem Ubosot, ist jedoch nicht so reich verziert und besitzt auch keine Bai Sema (Grenzsteine). Im Wihan werden z. B. Zeremonien wie die an den Uposatha-Tagen abgehalten, an denen Gläubige oder Laien anwesend sein dürfen.

XI. Krankenhaus (โรงพยาบาล)

Wie eingangs erwähnt, übernimmt ein Wat nicht nur religiöse Aufgaben. Auf dem Gelände kann es auch ein Krankenhaus geben. Diese sind oftmals für mittellose Menschen.

XII. Schule (โรงเรียน)

Wie auch bei den Krankenhäusern, besitzen einige Tempel Grundschulen. Sie sind gedacht, um mittellosen Kindern den Zugang zum Unterricht und damit zu Bildung zu gewähren.

03. Sanghawat (เขถสังฆวาส)

Dieser Teil der Tempelanlage ist vom Rest abgegrenzt (meist durch Mauern) und dient den Bhikkhu (Mönche) als Wohnbereich. Hier gibt es neben den Zellen (Kuti) der Mönche auch funktionale Gebäude, wie Küchen oder solche, die dem sanitären Bereich zugeordnet werden können.

Hier dürfen sich keine heiligen Gebäude befinden. Allerdings können sich einige nicht sakrale Gebäude aus dem Phutthawat-Bereich auch hier befinden. Zum Beispiel der Glockenturm (Ho Rakhang, หอระฆัง) oder die große offene Halle (Sala Kan Prian, ศาลาการเปรียญ).

Leben in Thailand - Tempelaufbau - Kuti
Kuti (กุฎิ)

Das sind die Häuser bzw. Zellen der Mönche, in denen sie schlafen und meditieren. Normalerweise hat jeder Mönch eine Zelle, wobei die größte dem Abt des Tempels (Somdet Raja Khana) vorbehalten ist. Es können aber auch mehrere Personen in einem Haus leben, was Khana Theo genannt wird. Dann besitzt jeder Mönch ein eigenes Zimmer.

04. Tempelklassen

Man unterscheidet die Tempelanlagen in drei Klassen, die ihren Status definieren oder beispielsweise Einfluss darauf haben, wie viele Mönche in dem Gebäudekomplex leben.

I. Königlicher Tempel (พระอารามหลวง)

Ein Wat dieser Klasse wurde von einem Mitglied der königlichen Familie oder von jemanden mit einem königlichen Titel errichtet. Königliche Tempel werden ihrerseits in drei weitere Unterklassen gegliedert.

Erster Klasse (พระอารามหลวง ชั้นเอก) Zweiter Klasse (พระอารามหลวง ชั้นโท) Dritter Klasse (พระอารามหลวง ชั้นตรี)
Solche Tempel wurden direkt vom König erbaut oder renoviert und haben oftmals einen Chedi, welcher eine Buddha-Reliquie beinhaltet. Das Alter dieser Tempel ist in der Regel älter als 50 Jahre. Wird ein Tempel von einem Kind des Königs oder von jemanden mit einem königlichen Titel erbaut, spricht man von einem Königlichen Tempel Zweiter Klasse. Alle anderen Tempel, die von einem Mitglied der königlichen Familie errichtet wurden.
II. Wat Rat (วัดราษฎร์)

Die so genannten Volks-Tempel wurden nicht von Adligen errichtet und beheimaten nur wenige Mönche.

III. Samnak Song (สำนักสงฆ์)

Hierbei handelt es sich nicht wirklich um einen Wat, da diese religiösen Zentren keine Ubosot mit den dazugehörigen Grenzsteinen haben. Außerdem sind sie nicht beim Sangha, dem buddhistischen Orden von Thailand, registriert.

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